(Doppel-)Spitze: Warum Unternehmen endlich auf Job-Sharing setzen sollten!

Karriereverständnis im Wandel

Die letzten Jahre haben es immer wieder gezeigt: Die Arbeitswelt, wie wir sie glaubten zu kennen, ändert sich täglich. Früher Selbstverständliches gilt nicht mehr.

Das betrifft auch die traditionelle Vollzeitstelle. Früher galt Vollzeitarbeit als ein Zeichen von Prestige, finanzieller Sicherheit, und gesellschaftlicher Norm. Doch heute ist das anders, der Trend geht in Richtung Teilzeit.

Dieser Trend wird nicht nur maßgeblich durch die Generation Z befeuert, bei der eine ausgewogene Work-Life Balance zu den Top-Kriterien bei der Wahl eines zukünftigen Arbeitsgebers zählt (Karriereumfrage von Studydrive, 2021). Eine weitere Studie der Bertelsmann Stiftung (2021) hat gezeigt: Ein Großteil der deutschen Arbeitnehmer:innen wünscht sich, weniger zu arbeiten – und zwar generationenunabhängig.

Allerdings bedeutet der Wunsch nach weniger Arbeit nicht, auf eine Karriere verzichten zu wollen. Der Wunsch nach individueller Entfaltung und Aufstiegsmöglichkeiten ist weiterhin hoch.

Damit es Unternehmen zukünftig gelingt, Top-Talente für sich zu gewinnen, müssen diese Möglichkeiten und Rahmenbedingungen schaffen, die eine Karriereentwicklung in Teilzeit ermöglichen. Ein Beispiel dafür wäre die Option des Job- oder Top-Sharings.

Was verbirgt sich hinter „Job-Sharing“?

Das Konzept des „Job-Sharings“ ist nicht neu, sondern schon seit den 1970er Jahren bekannt.  Job-Sharing bedeutet, dass sich zwei Personen denselben Job teilen. Geteilt wird dabei nicht nur die Arbeitszeit, sondern auch die Aufgaben und die Verantwortung. Dies ist auf verschiedenen Ebenen im Unternehmen möglich. Eine Führungsposition (sog. „Top-Sharing“) oder eine Expertenrolle (z.B:Projektleiter:in) kann dabei geteilt werden. In der Praxis wird diese Option jedoch von vielen Unternehmen immer noch nicht genutzt. Der Glaube, dass eine Führungskraft beispielsweise rund um die Uhr erreichbar sein muss, ist immer noch weit verbreitet und es wird angenommen, dass Job-Sharing nur Zeit und Aufwand kostet.

Wie kann Job-Sharing erfolgreich gestaltet werden?

Damit ein erfolgreiches Job- oder Top-Sharing etabliert werden kann, müssen auf der Ebene der Organisationsentwicklung die Voraussetzungen für ein gutes Gelingen vorhanden sein – oder im Vorhinein geschaffen werden:

Der konkrete Job muss sich für Job-Sharing bzw. Top-Sharing eignen:

Nicht jeder Job eignet sich gleichermaßen für Job-Sharing. Selbst wenn sich ein Job prinzipiell dafür eignet, kann es sein, dass er im speziellen Fall nochmals neu strukturiert werden muss.  Wichtig ist, dass es gut abgrenzbare Aufgaben(-pakete) gibt. Zudem sollten die Aufgaben (z. B. bei Reisetätigkeiten) mit den jeweiligen Arbeitszeiten vereinbar sein.

Für Job-Sharing bzw. Top-Sharing müssen Mitarbeiter:innen bestimmte Kompetenzen mitbringen:

Job-Sharing lebt von Kommunikation, Kooperations- und Konfliktbereitschaft und sehr guten Organisationsfähigkeiten der beiden Sharing-Partner:innen. Diese Kompetenzen müssen ebenso im Rahmen von Auswahl-/ Entwicklungsverfahren erfasst werden wie die persönliche und fachliche Passung der beiden Partner:innen zueinander („Mix & Match der Peer Tandems“).

Dabei kann es für die Ausführung der Position ggf. hilfreich sein, wenn die beiden Job-Sharing-Partner:innen über ein möglichst diverses Set an Kompetenzen verfügen, welche dann in der Stelle vereint werden. Dies kann besonders bei der Besetzung von Schlüsselfunktionen relevant sein, die mit den Kompetenzen von nur einer Person nicht optimal besetzt werden können.

Ein Unternehmen kann durch gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen die „Job-Sharing-Fähigkeiten“ seiner Mitarbeiter:innen fördern und weiter ausbauen. Durch die Übernahme einer verantwortungsvollen Position im Rahmen des Job-Sharings werden die Kompetenzen weiter gefestigt und die interne Karriereentwicklung vorangetrieben.

Organisatorische und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein: 

Die Unternehmen sollten vorab die Rahmenbedingungen klären, wie die Arbeit im Tandem ausgestaltet werden kann. Nichtsdestotrotz sollten die Rahmenbedingungen noch genügend Gestaltungsspielraum für die Kooperation im Tandems zulassen. Dies beginnt bei arbeitsrechtlichen Regelungen zu Arbeitszeiten (Wie werden die Arbeitstage aufgeteilt? Wie viele Stunden können bzw. dürfen parallel gearbeitet werden? Muss Urlaub parallel genommen werden?) und fast banal klingenden organisatorischen Maßnahmen (z. B. gemeinsame Mailadresse, Zugriffsrechte) und reicht bis zu Absprachen zur Übernahme von Verantwortung (Wie kann die individuelle Arbeitsleistung erfasst werden? Wie gehe ich vor, wenn disziplinarische Maßnahmen getroffen werden müssen?). Zudem müssen seitens des Unternehmens die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sich das Tandem regelmäßig austauschen kann, um den die Beziehungsorientierung in der Zusammenarbeit zu stärken und somit auch einen guten Kommunikationsfluss in dem oftmals knappen Zeitrahmen zu sichern.

Die Unternehmenskultur lässt ein anderes Führungsverständnis zu:

Das erfolgreiche Funktionieren von Job- bzw. Top-Sharing wird durch eine Unternehmenskultur begünstigt, die großen Wert auf Kommunikation, Transparenz und Kooperation legt, da dies auch die wichtigsten Grundpfeiler von Job-Sharing darstellt.

Ein zeitgemäßes Führungsleitbild ist für diese Unternehmenskultur unverzichtbar. Eine Führungskraft sollte ihren Fokus auf Erreichbarkeit von Zielen legen, anstatt persönlich rund um die Uhr greifbar sein zu müssen. Führungskräfte müssen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowohl als Gestalter als auch als Vorbilder agieren („Walk the Talk“).

Dazu gehört auch das Verständnis, dass Job-Sharing mehr ist als lediglich „Führung für Mütter“. Es bietet für alle Interessierten die Gelegenheit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von privaten Verpflichtungen und beruflicher Entwicklung. Eine moderne und familienfreundliche Kultur führt zu einer höheren Arbeitgeberattraktivität (Studie des BMFSFJ, Familienfreundliche Unternehmenskultur, 2019).

 

Welchen Gewinn haben Unternehmen, die Job-Sharing ermöglichen?

Job-Sharing kann für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation darstellen. Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels können durch Job-Sharing bzw. Top-Sharing Schlüsselpositionen in einem Unternehmen besetzt werden, für die es auf dem aktuellen Arbeitsmarkt nur wenige oder gar keine Vollzeitkräfte gibt. Oftmals arbeiten gut eingespielte Tandems sehr effizient, finden durch den gemeinsamen Austausch bessere Lösungen bei Problemen und vermeiden Fehler.

Zudem lässt sich bei Urlaub oder Krankheit auf diese Weise eine bessere Vertretungsregelung finden. Mitarbeiter: innen, denen die Möglichkeit zum Job-Sharing geboten wird, sind in der Regel zufriedener. Durch die höhere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sind sie weniger gestresst und können ihre Leistungsfähigkeit steigern. Der fachliche Austausch mit dem Tandempartner/der Tandempartnerin ist außerdem als Weiterbildung on-the-job anzusehen.

Somit bietet das Modell den Arbeitnehmern mehr Gestaltungsfreiheit zwischen Karriere und Privatleben, während die Unternehmen von motivierten und engagierten Mitarbeitern profitieren können. Dass dies funktionieren kann, beweisen inzwischen einige Unternehmen, wie z.B. die Beiersdorf AG oder die Mercedes Benz Group (Siehe auch Karlshaus, A. (2023): Teilzeitführung: Wissenschaftliche Impulse und aktuelle Praxisbeispiele).

Dort ist Job-Sharing bereits gelebte Praxis – es bleibt abzuwarten, ob sich noch mehr Unternehmen an diesen Best Practices ein Beispiel nehmen.

 

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