Autorin: Alina Winter
Schon vor einigen Monaten haben wir uns mit der Frage „Ist Neugier eine Kompetenz?“ beschäftigt. Ganz nach dem Motto #neugierigbleiben haben wir weitere interessante Erkenntnisse gewonnen.
Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig.
Albert Einstein
Wofür ist Neugier eigentlich gut?
Im Arbeitskontext ist Neugier in aller Munde und wird momentan als die „neue Karriere-Super-Power gehandelt“. Aber warum ist sie eine so wichtige Eigenschaft? Neugier hängt mit einer höheren intrinsischen Arbeitsmotivation (Litman et al., 2010) und einer guten Job-Performance zusammen. Außerdem sind neugierige Menschen offener für Neues und streben danach, sich neue Kompetenzen anzueignen (Mussel, 2013). Und was besonders wichtig ist: Neugier bietet die Grundlage für Kreativität (Haghtvedt et al., 2019) und Innovationfähigkeit (Celik et al., 2016). Diese Charakteristika sind – wie man sich schon denken kann – besonders wichtig, wenn es um beruflichen Erfolg geht. Gut zu wissen für Unternehmen, die in der heutigen, sich schnell verändernden Welt wettbewerbsfähig bleiben und ihre Innovationskraft steigern möchten.
Wann ist man neugierig? Wie wird man es?
Neugierig sein ist gar nicht so einfach. Wie bereits gezeigt, gibt es einige Faktoren, die hemmend für das Ausleben der eigenen Neugier sein können. Aber was steigert die Lust, Neues zu lernen? Personen, die gut gelaunt sind, sind im Schnitt neugieriger als schlechter gelaunte Personen (Hirt et al., 1996), Auch eine kollegiale Zusammenarbeit mit anderen (Sansone & Thomas, 2005) und neue sowie komplexe Aufgaben führen zu mehr Neugier. Wichtig ist, dass diese Aufgaben trotzdem als verständlich empfunden werden (Silvia, 2008) und man die Freiheit hat, Themen und Aufgaben frei zu wählen (Schutte & Malouff, 2019). Was können Unternehmen hieraus mitnehmen? Sie sollten dynamische Arbeitsbedingungen schaffen und Mitarbeiter:innen Freiheiten zur Selbstbestimmung geben und damit ein gutes Umfeld für Neugier schaffen.
Warum ist Neugier so schwer zu messen?
Für Unternehmen wäre es also wichtig, herauszufinden, welche:r Bewerber:in besonders neugierig ist. Jedoch stellt es sich als relativ schwierig heraus, das Konstrukt zu erfassen. Denn einerseits scheint Neugier wesentliche Aspekte mit anderen Persönlichkeitskonstrukten zu teilen und es bleibt offen, wie sich Neugier von diesen Konstrukten unterscheidet. Andererseits basieren Fragebögen, die bisher zum Thema Neugier konstruiert wurden (Mussel et al., 2012; Kashdan et al., 2018), auf einem Selbstbericht der betrachteten Person, der vor allem im Einstellungskontext manipulierbar ist. Ansätze zur Messung von Neugier könnten Verhaltensbeobachtungen oder Verhaltenstracking mit technischen Geräten sein.
Wie kann man Neugier trainieren?
Fraglich bleibt, ob Menschen ihre Neugier trainieren können oder es sich um eine feste Eigenschaft handelt. Trotzdem hat Merck einen Versuch gewagt und ein 6-monatiges Pilotprojekt in drei Unternehmen gestartet, um die Neugier der Mitarbeitenden zu steigern. Dabei wurde u.a. die Question Formulation Technique angewandt, bei der den Mitarbeitenden ein Problem vorgestellt wird, aber anstelle davon direkt nach Lösungen zu suchen, sollen viele Fragen gestellt werden, um sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Bei Lunch and Learn wurden Experten aus anderen Unternehmen eingeladen, um Impulsvorträge zu halten und diese anschließend zu diskutieren und mit der eigenen Arbeit in Verbindung zu bringen. Die Ergebnisse könnten erste Hinweise dafür liefern, dass es Möglichkeiten gibt, Neugier zu trainieren (Naughton et al., 2018). Ein Ansatz zum Training von Neugier stellt auch Neugier in Zusammenhang mit Kreativität dar. Wenn man annimmt, dass diese sich gegenseitig positiv beeinflussen, könnte auch ein Kreativitätstraining zu erhöhter Neugier führen.
Fazit: Die Neugier hat uns gepackt. Zwar gibt es Ansätze zum Messen und Trainieren von Neugier, diese sind aber noch nicht ausgereift genug, um sie in Unternehmen anzuwenden. Von daher werden wir der Neugier weiter auf die Spur gehen und #neugierigbleiben.
Literatur:
- Celik, P., Storme, M., Davila, A., & Myszkowski, N. (2016). Work-related curiosity positively predicts worker innovation. Journal of Management Development, 35(9), 1184-1194.
- Hagtvedt, L. P., Dossinger, K., Harrison, S. H., & Huang, L. (2019). Curiosity made the cat more creative: Specific curiosity as a driver of creativity. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 150, 1-13.
- Hirt, E. R., R. J. Melton, H. E. McDonald, and J. M. Harackiewicz. 1996. Processing goals, task interest, and the mood-performance relationship: A mediational analysis. Journal of Personality and Social Psychology ,71(2), 245-261.
- Kashdan, T. B., Stiksma, M. C., Disabato, D. J., McKnight, P. E., Bekier, J., Kaji, J., & Lazarus, R. (2018). The five-dimensional curiosity scale: Capturing the bandwidth of curiosity and identifying four unique subgroups of curious people. Journal of Research in Personality, 73, 130-149.
- Litman, J. A., Crowson, H. M., & Kolinski, K. (2010). Validity of the interest-and deprivation-type epistemic curiosity distinction in non-students. Personality and individual differences, 49(5), 531-536.
- Mussel, P. (2013). Introducing the construct curiosity for predicting job performance. Journal of Organizational Behavior, 34(4), 453-472.
- Mussel, P., Spengler, M., Litman, J. A., & Schuler, H. (2012). Development and validation of the German work-related curiosity scale. European Journal of Psychological Assessment, 28(2), 109–117.
- Naughton, C., De Paoli, I., & Kashdan, T. B. (2018). Der Neugier auf der Spur. Harvard Business Manager, Sonderdruck aus der Ausgabe April 2018, 1-9.
- Sansone, C. and D. B. Thoman. 2005. Interest as the missing motivator in self-regulation. European Psychologist , 10(3), 175-186.
- Schutte, N. S., & Malouff, J. M. (2019). Increasing curiosity through autonomy of choice. Motivation and Emotion, 1-8.
- Silvia, P. J. 2008. Interest – the curious emotion. Current Directions in Psychological Science, 17(1), 57-60.