Autorin: Farina Nießler
„Vertrauen ist für alle Unternehmungen das große Betriebskapital, ohne welches kein nützliches Werk auskommen kann. Es schafft auf allen Gebieten die Bedingungen gedeihlichen Geschehens.“ – Albert Schweitzer
Das Jahr 2020 stellt uns alle vor eine große Herausforderung. Durch die Corona-Pandemie verändert sich die Arbeitsweise vieler Unternehmen. Mit Hochdruck werden intelligente, komplexe sowie virtuelle Lösungen entwickelt, um der Vielfalt von Anforderungen gerecht zu werden; Sei es das Durchführen virtueller Assessmentcenter, Interviewgespräche oder auch die Ausgestaltung virtueller Führung. Neben technischen Anforderungen spielt natürlich auch der Erhalt des menschlichen Miteinanders eine wichtige Rolle. Die räumliche Distanz und die eingeschränkten Möglichkeiten digitaler Kommunikation können zu Unsicherheit und Missverständnissen führen. All diese neuen Lösungen benötigen somit in erster Linie, um überhaupt wie angedacht funktionieren zu können, eines: den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen.
Vertrauensaufbau in virtuellen Teams
Wie aber bildet man Vertrauen in virtuellen Teams? Zunächst einmal gilt der Aufbau von Vertrauen als eine der wichtigsten Komponenten der Zusammenarbeit. Ein wertschätzendes und vertrauensvolles Miteinander bewirkt ein positives Arbeitsklima und trägt grundlegend zur Effektivität der Mitarbeitenden bei. Natürlich ist es individuell, wie schnell Menschen vertrauen können und wie oft sie dieses Vertrauen hinterfragen. Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten, eine gemeinsame Vertrauensbasis zu schaffen und somit auch den menschlichen Aspekt im virtuellen Arbeitskontext zu wahren.
In der digitalen Welt erscheint vieles nicht mehr so zu sein, wie man es gewohnt ist: Die Nähe zum Gesprächspartner fehlt, es gibt keine sich spontan ergebenden Gespräche, das gemeinsame Mittagessen entfällt. Gleichzeitig werden verbindliche Termine sowie Fristen deutlich wichtiger, damit Pläne wie abgesprochen umgesetzt werden können. Deswegen ist die Verlässlichkeit der Führungskraft von hoher Relevanz (Fajen, 2018). Sie ist unabkömmlich, um den Mitarbeitenden sowohl mit gutem Beispiel voran zu gehen als auch eine richtungsweisende Struktur aufzuzeigen. Ein klarer Fahrplan des weiteren Vorgehens, Deadlines, das Besprechen von Meilensteinen sowie regelmäßige Feedbackgespräche und festgelegte Zeiten der Erreichbarkeit können hierbei helfen.
Weiterhin gilt die Verschwiegenheit über vertrauliche Angelegenheiten als wichtig (Fajen, 2018). Mitarbeitende sollten mit ihren Anliegen auf eine loyale und verschwiegene Führungskraft zukommen können, die sich die Zeit nimmt, auch über die Distanz auf diese einzugehen und das Menschliche mit all seinen individuellen Problemen nicht außer Acht lässt.
Außerdem ist ein offener und ehrlicher Umgang sowie eine klare Kommunikation empfehlenswert (Fajen, 2018). Entstehen Missverständnisse, lassen sich diese leider nur schwer aus der virtuellen Welt schaffen, da etwaige Konfliktgespräche nun auch über die Distanz geführt werden müssen. Das bedeutet, dass präzises Kommunizieren und das Erlauben von Rückfragen als präventive Vermeidung von Missverständnissen fungieren kann.
Konkrete Maßnahmen für den Vertrauensaufbau
Albrecht & Albrecht-Goepfert (2012) beschreiben sechs wesentliche Maßnahmen, um einen Vertrauensaufbau in virtuellen Strukturen zu erzielen:
- Zunächst sollten Gemeinsamkeiten gefunden werden. Durch aufgezeigte Gemeinsamkeiten entsteht ein Gruppengefühl, welches zu einer hohen Teamfähigkeit (und auch Leistungssteigerung) beitragen kann. In der jetzigen Situation wäre das Arbeiten im Home-Office eine Gemeinsamkeit, die wahrscheinlich alle Teammitglieder bestreffen wird.
- Außerdem sollte Transparenz durch einen schnellen und vollständigen Informationsfluss sichergestellt werden. Es gibt zahlreiche Hilfsmittel, die diesen Austausch von Informationen ermöglichen und dabei die unterschiedlichsten Sinne stimulieren können. Regelmäßige Updates über den Stand der Dinge tragen zu einer transparenten Arbeitsweise bei und lassen die Mitarbeitenden nicht im Dunkeln stehen. Des Weiteren ist es sicherlich hilfreich, nicht nur die Stimme einer Person zu hören, sondern auch das jeweilige Gesicht dazu zu sehen.
- Emotionen, die laut Albrecht & Albrecht-Goepfert zugelassen und geteilt werden sollten, sind somit um einiges leichter zu erkennen und zu interpretieren. Die Freude über erreichte Meilensteine könnte beispielsweise verbal geäußert oder beim Videocall über ein Lächeln gezeigt werden. Die bereits vorherrschende physische Distanz sollte keineswegs durch eine distanzierte Führungskraft gesteigert werden.
- Zusätzlich ist von einem Vertrauensvorschuss die Rede. Ein solcher kann wahre Wunder bewirken. Gerade in der virtuellen Arbeitswelt ist eine freie Arbeitsweise und Zeiteinteilung von immer stärkerer Bedeutung. Wird diese nun unter Argusaugen kontrolliert, schwindet das Vertrauen und vermutlich auch die Sympathie gegenüber der Führungskraft. Demzufolge erscheint eine gute Balance zwischen kreativem Freiraum und geleiteter Arbeit hilfreich.
- Zudem ist es nützlich, dem ganzen Team positives Feedback zu geben und den…
- …Wettbewerb innerhalb des Teams zu minimieren – das Team sollte also auch als solches agieren!
Eine der größten Herausforderungen und wohl jeden betreffend ist es, seinen eigenen Platz in dieser komplexen, sich kontinuierlich verändernden und vor allem schnelllebigen Zeit zu finden. Auch das Thema virtuelle Teams stellt Führungskräfte vor eine dieser scheinbar unabkömmlichen Veränderungen. Umso wichtiger ist es, jedem Teammitglied eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu ermöglichen, in der Vertrauen die Basis konstruktiver Zusammenarbeit darstellt.
Quellen
- Fajen, A. (2018). Erfolgreiche Führung Multikultureller Virtueller Teams. Springer Fachmedien Wiesbaden. S. 303
- Albrecht, A., & Albrecht-Goepfert, E. (2012). Vertrauen, Verantwortung, Motivation und Kommunikation: Was Führung in virtuellen Strukturen von klassischer Teamarbeit unterscheidet. Personalführung, 45(6), 44-50.